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Fachhandelstreue

Europa, der Großhandel und cash auf die Hand



Die Lage war schon dramatischer, die Frontlinien waren schon tiefer gezogen und die Mienen in den Vorstandsetagen schon grimmiger, doch die gute alte Fachhandelstreue lebt nach wie vor. Was das ist und wie sie im Alltag gelebt werden kann? Ein Blick zurück in die Zeiten unseres Haus-Umbaus kann Ihnen eine Vorstellung davon geben.





Fachhandelstreue – wissen Sie, was das ist? Ganz einfach: Man bekommt etwas an jeder Ecke zu kaufen, aber es kann nicht so sein, weil es nicht sein darf. Alles klar? Uns schon lange nicht mehr.

Eine der ehernen Säulen der Fachhandels- und Fachhandwerkertreue ist seit Jahr und Tag die Sanitär-Industrie. Ob die Hersteller der gehobenen Bad- und Toiletten-Zierde nun im Norden, Süden, Osten oder Westen der Republik sitzen: Die mal gelungen, mal abenteuerlich gestalteten Produkte einer großen Zahl dieser Herrschaften gibt es nur im Fachhandel, und sie werden nur vom Fachhandwerker eingebaut. Basta.

Heimwerker? Um Himmels willen! Vermutlich werden in den Vorstandsetagen der Bad-Ausstatter größere Mengen Weihwasser vorrätig gehalten, um bei der bloßen Nennung des Wortes flugs eine Teufelsaustreibung vornehmen zu können.

Soweit wäre die Sache klar. Bis zum nächsten Besuch im Baumarkt. Da stehen sie plötzlich: Badewannen, Keramikteile, Fliesen und Armaturen hochvornehmer Lieferanten, die unter dem Banner der Fachhandelstreue heldenhaft für die jungfräuliche Reinheit der Vertriebswege kämpfen. Leider, leider vergebens, wie man sieht. Don Quijote und die Windmühlen sind ein Pappenstiel dagegen.

Da lohnt sich die Nachfrage, und zwar doppelt. Nicht nur, weil man es nun mal wissen will, sondern auch, weil die Antworten von einer ungeahnten Kreativität zeugen. „Wir liefern nicht an Baumärkte“, ist die einheitliche Aussage. Und die Waschbecken da mit Ihrem geschätzten Firmen-Logo drauf? „Jaaaa ...“, sorgenvoll gerunzelte Stirn, tiefes Seufzen, „wir können natürlich nicht verhindern, dass der Zwischenhandel ...“ Aha, der Großhandel ist schuld. Eine interessante Variante: „Da muss wieder jemand aus Italien re-importiert haben ...“ Aha, Europa ist schuld.

Und kann man da nichts dran machen? „Leider kann man da nichts dran machen.“ Aha, an den Umsätzen, die auf diesem Weg die Kasse klingeln lassen, kann man glücklicherweise auch nichts machen. Wäre ja auch noch schöner: Erst hebelt der böse Großhändler die Fachtreue aus, und dann bringt's noch nicht mal cash!

Man hat zwar schon gehört, dass ein Traditionslieferant der Wasser-Erwärmung, in der fernen niedersächsischen Tundra beheimatet, ganze Lastwagenladungen seiner Produkte aus Baumärkten herausgekauft hat – einfach so aus Prinzipientreue. Aber aus diesem edlen Holze sind wohl nur noch echte Pioniere geschnitzt.

Sei’s drum. Werfen wir lieber einen Blick in die Lebenswelt der zu Schützenden, also ins Biotop des Wannenhändlers „mit Fachausstellung“. Hier darf nur der Handwerker kaufen, zu den Preisen muss die Märchensteuer hinzugerechnet werden, und das Fachvokabular fliegt einem nur so um die Ohren.

„Ich wollte diese Waschtischarmatur von [-pieps!-] kaufen. Was kostet die?“

Kurzes Nachdenken. „Dreihundert netto. Welcher Installateur wird denn ...“

„Installateur? Wollte ich selbst anbringen. Ist bloß ein Austausch.“

Stirnrunzeln, eine gedankliche Kurzreise zum benachbarten Baumarkt und dessen unbedingtem Verkaufswillien, dann: „O.k., aber als Barverkauf.“

Bingo! Auch beim nächsten Baustoffhändler („Ham' Se ’n Baustellen-Konto?“) mit angeschlossener Bad-Ausstellung wird der edel verchromte Messing-Guss gegen viereckiges Geld über die Theke geschoben. Hatten wir uns gedacht.

Und die schutzbedürftige Gattung der Fachhandwerker? Zwei Anrufe bringen Klarheit. Der erste zur Innung, zum Zentralverband, zur Kreishandwerkerschaft – ganz nach Belieben, welche Funktionärs-Heimstatt zum Ortstarif erreichbar ist: Qualität aus Meisterhand, langjährige Erfahrung, germanische Gründlichkeit, etc. pp ... das übliche Festungs-Geplauder, während draußen die Belagerer ihre Kartätschen in Stellung bringen. Der zweite Anruf geht an den Installateur. Eine Armatur austauschen? „Hm, hm ... guter Mann, frühestens in drei Wochen. Frühestens! Wissen Sie, wo der Haupthahn ist? Ist da alles nach Norm bei Ihnen? Machen Sie's selbst. Quetschverbinder gibt's bei OBI.“

Wer nicht will, der hat schon. Wir auch. Mögen andere irgendwelchen Fächern treu sein. Wir nicht, und schon gar nicht treudoof für dumm verschlissen. [ha]





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