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Guerilla-Gardening: Pflanzen-Piraten

Foto: Wildes Beet neben der Straße

Dass die praktische Beschäftigung mit der Natur, mit dem Wachsen und Gedeihen von Pflanzen Spaß macht und Befriedigung verschafft, muss man einem Hobbygärtner nicht lange erklären. Wissenschaftliche Studien haben, wenig überraschend, sogar gesundheitliche Vorteile durch die Gartenarbeit ermittelt. Kein Wunder, dass sich seit einiger Zeit wieder mehr junge Familien in Kleingärten engagieren und dass Hausgärten kreativer genutzt werden. Ganz neu und von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt hat sich außerdem eine Bewegung formiert, die ganz ohne eigenen oder gepachteten Garten auf öffentlichen Brachflächen aktiv wird: das Guerilla Gardening.



Samenbombe aus Erde
Ursprünglich etablierte sich das Guerilla Gardening als politische Protestform in Großbritannien. Die Guerilla-Gärtner wurden vor allem in städtischen Lagen aktiv und bepflanzten brach liegende öffentliche Flächen in Nacht-und-Nebel-Aktionen oder säten dort Blumen mit Hilfe sogenannter Samenbomben. Das sind getrocknete Erdkugeln (Foto), in die Pflanzensamen eingebettet sind – oft einjährige Blühpflanzen –, oder Papiertütchen mit Samen. Die Samenbomben werden unauffällig auf Brachflächen abgeworfen, wo sie nach einiger Zeit keimen und die Fläche begrünen.

Immer wieder tun sich aber auch Gleichgesinnte zusammen, die – teils mitten in der Nacht – nach allen Regeln der Gärtnerkunst Beete anlegen, wo sich zuvor nur kahle Erde zeigte. Dass die Geheimhaltungsstrategie noch recht gut funktioniert, zeigt eine Umfrage, die TNS im Auftrag der Ergo Direkt Versicherungen durchführte: 81% der Deutschen konnten mit dem Begriff Guerilla Gardening überhaupt nichts anfangen, lediglich 9% wussten genau, was gemeint war.

Junger Mann gießt städtische Brachfläche
Ziel solcher Aktionen sind meist abgelegene ungenutzte Stellen auf öffentlichem Grund. Die städtischen Grünflächenämter sind dort häufig kaum aktiv, so dass die Pflanzen in Ruhe wachsen können und auch niemanden stören. Im Gegenteil: In einigen Städten dulden die Behörden das ungeregelte Treiben sogar bewusst. Geld für die Pflege aller städtischen Flächen ist ohnehin nicht vorhanden, und eine bunte Blumenpracht ist allemal schöner als eine weitgehend nackte Brache.

Rechtlich bewegen sich die Pflanzen-Piraten dennoch zuweilen auf dünnem Eis. Spätestens dann, wenn auch Privatgärten mit Samen bombardiert werden, kann man sich im Ernstfall mit einer Schadenersatzforderung konfrontiert sehen. Bisher scheint man sich allerdings weitgehend zu arrangieren – juristische Auseinandersetzungen um die Pflanzen-Piraterie sind uns bislang nicht bekannt geworden. Völlig verloren hat das Beackern des öffentlichen Raums den Geruch des Illegalen überall dort, wo Stadtverwaltungen Flächen an Interessierte verpachten.

Titel BUND Standpunkt 4
Ungeachtet all dieser Fragen sind Samenbomben inzwischen auch als kommerzielle Produkte erhältlich. Beispielsweise bietet die norddeutsche Firma Aries Umweltprodukte fertige Samenbomben mit verschiedenen Mischungen an, im Sortiment findet sich auch ein Bausatz für die Selbstherstellung.

Kritik am wilden Bepflanzen unserer Städte kommt von zunächst unerwarteter Seite: In einem Beitrag zum Stadtnaturschutz befasst sich die Publikation Standpunkt des BUND in ihrer vierten Ausgabe mit dem Thema. Kritisiert wird hier in erster Linie, dass Samenbomben vor allem das Saatgut gezüchteter Zierpflanzen enthalten und dass durch die unkontrollierte Aussaat oder Bepflanzung die jeweilige Fläche den natürlich dort vorkommenden Pflanzen als Lebensraum verlorengeht. Der BUND schwenkt dabei allerdings nicht auf Konfrontationskurs, sondern will sich im Dialog mit Aktiven bemühen, Aspekte des Naturschutzes in das Guerilla-Treiben zu integrieren. [ha]


Fotos: Flittergreeze (CC-by-sa 3.0), Herder3 (CC-by-sa 3.0), djd/Ergo Direkt Versicherungen/P.Burns, BUND

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