Homöopathie für Pflanzen?
30. März 2011 - 13:32 Garten
Wir kennen die Firma Neudorff seit vielen Jahren als renommierten Spezialisten für biologisch orientierten Gartenbau. Mit seinen Düngern, Erden, Pflanzenschutz-Präparaten und weiterem Gartenbedarf ist es dem Hersteller aus dem niedersächsischen Emmerthal gelungen, mit naturnahen Produkten zuverlässige Wirkungen zu erzielen. Vor allem darf sich das Unternehmen wohl das Verdienst auf die Fahnen schreiben, der Schädlingsbehandlung mit Hilfe von Nützlingen in Privatgärten zum Durchbruch verholfen zu haben. Eine Neuheit aus dem Hause Neudorff macht uns jetzt allerdings ausgesprochen ratlos: Homöopathische Stärkungsmittel für Pflanzen.
Die Homöopathie als Methode der alternativen Heilkunde ist seit ihrer Erfindung durch Samuel Hahnemann Ende des 18. Jahrhunderts umstritten – um es vorsichtig auszudrücken. Die wissenschaftliche Forschung, die sich sehr intensiv damit befasst hat und noch befasst, sieht in den berichteten Erfolgen der Homöopathie zum überwiegenden Teil die Wirkung des Placebo-Effekts, darüber hinausgehende Wirkungen konnten unseres Wissens in seriösen Studien nicht nachgewiesen werden.
Um so verwunderlicher das Versprechen, bei Anwendung der homöopathischen Elixiere würde „die pflanzeneigene Widerstandskraft von innen heraus“ erhöht. Gleichmäßiges Wachstum und prächtige Blüten sollen sich einstellen, die Wurzeln würden gestärkt. Wo Menschen noch fest an die Heilkraft der Globuli oder Tinkturen glauben können und Tieren unter anderem die verstärkte Zuwendung wohltut, müssen Pflanzen ohne Imagination auskommen. Wie die Homöopathie bei diesen Lebewesen wirken soll, ist vollkommen rätselhaft.
Wenig Erhellendes trägt auch Neudorffs Ratgeber für homöopathische Pflanzenpflege bei. Hier beruft man sich auf das Prinzip der nicht minder umstrittenen Schüßler-Salze, das außer der starken Verdünnung der eingesetzten Substanzen mit der Homöopathie nichts gemeinsam hat. Außerdem konstatiert man, die Mittel wirkten „auf feinstofflicher Ebene“ – ein Konstrukt, das wissenschaftlich keine Rolle spielt, bis heute aber immer wieder in der Esoterik und der Paramedizin anzutreffen ist.
Die Elixiere (Rosen-Elixier, Pflanzen-Elixier, Gemüse- & Obst-Elixier, Orchideen-Elixier) enthalten nach Angaben des Herstellers Wirkstoffe in einer Verdünnung zwischen D6 (1:1.000.000) und D100 (1:10100). Damit ist auch ohne weiteres nachvollziehbar, dass die Elixiere keine schädlichen Nebenwirkungen für Mensch, Tier, Pflanze und Ökosystem haben. Allerdings ist nach menschlichem Ermessen auch keine Wirkung der extrem verdünnten Substanzen zu erwarten – wobei wir uns dann auch fragen, was die behauptete Wirkung der absichtsvoll verdünnten Stoffe von der Wirkung der im Leitungswasser immer vorhandenen stark verdünnten Mineralien unterscheiden soll.
Wir werden das Rätsel hier nicht lösen können. Nur so viel: Diesen homöopathischen Stärkungsmitteln begegnen wir mit äußerster Skepsis. Man mag uns zwar den Satz entgegen halten, der in alternativmedizinischen Kreisen gerne anekdotischen Erfolgsberichten zur Beweiskraft verhelfen soll: „Wer heilt, hat recht“. Nur ist auch damit nie beweisen, was tatsächlich gewirkt und geheilt hat – wenn überhaupt.
Um einem möglichen Missverständnis vorzubeugen: Die Firma Neudorff hat wegen ihres über Jahre erfolgreichen Engagements für den natürlichen und biologischen Gartenbau unsere volle Sympathie, wir wenden selbst einige ihrer Produkte an. Doch auf dem Weg zur Homöopathie können und wollen wir ihr nicht folgen. Wer das anders sieht, kann die Mittel natürlich gerne ausprobieren – schaden werden sie sicher nicht. [ha]
Fotos: epr/Neudorff, Neudorff
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